WARUM BIST DU EIGENTLICH CREATIVE DIRECTOR, JOHANNES?

Johannes Siegmund

JEDER MENSCH IST EIN KÜNSTLER, MEINTE BEUYS. WO SIND DANN DIE GANZEN KREATIVEN?

Über meinen kleinen Sohn hat eine Lehrerin in der Schule gesagt, er sei noch recht verspielt. Ich würde sagen, später nennt man das kreativ. (Lacht.) Im Ernst, als Kreativer muss man sich einen kindlichen Blick bewahren, Bock haben, alles in Frage zu stellen und sich auf unsicheres Terrain zu begeben. Davor haben viele Menschen Angst. Aber es ist eben die Voraussetzung dafür, Neues zu erschaffen.

WIE HAT SICH DAS KREATIVE BEI DIR BEMERKBAR GEMACHT?

In der Schule fing ich an, meine Lehrer als Comicfiguren zu zeichnen, wenn mir langweilig war. Mein Physiklehrer hat mich dabei erwischt. Ich dachte, jetzt gibt’s Ärger, aber er hat sich einfach gefreut und wollte die Cartoons dann unbedingt seiner Frau zeigen.

WANN WAR DIR KLAR, DASS DU AUCH BERUFLICH IN EINE KREATIVE RICHTUNG GEHEN WILLST?

Nach dem Abitur wusste ich noch nicht, was ich werden wollte, und fing erst einmal an, Anglistik und Kunstgeschichte zu studieren. Das hat mich jedoch nach kurzer Zeit furchtbar gelangweilt. Da ist mir bewusst geworden, dass ich einfach etwas Kreatives machen muss. Ich bin dann auf Kommunikationsdesign umgestiegen.

HAST DU AUCH NOCH ANDERE INTERESSEN?

Allgemein interessiere ich mich für Kultur, für Sprache, und besonders auch für Musik. Ich spiele Piano in einer Big Band, die Latin, Funk und modernen Jazz auf dem Programm hat. Ich liebe es auch da kreativ zu sein, zu improvisieren. Es ist das Gegenteil von Langeweile.

WÄRE PROFESSIONELLER MUSIKER NICHT AUCH EIN COOLER JOB?

Ja, das habe ich tatsächlich auch mal überlegt. Aber du musst schon extrem viel Aufwand treiben, um überhaupt an einer Musikhochschule angenommen zu werden. Dafür fehlte mir auch nach dem Ausflug in die Kunstgeschichte dann schlicht die Zeit.

WAS MUSS EIN CREATIVE DIRECTOR MITBRINGEN?

Den Blick aufs Ganze, die Vision für eine Marke. Und die Fähigkeit, ein Team zu führen. Ich denke, ich kann Dinge sehr gut erklären und mein Team anleiten und motivieren. Auch durch das Beispiel, wie ich selbst arbeite, welche Ansprüche ich dabei an mich habe.

WAS LIEBST DU AN DEINEM JOB?

Dass ich jeden Tag etwas komplett Neues erschaffen kann. Ich würde das als „Schöpfermoment“ bezeichnen.

WAS HASST DU AN DEINEM JOB?

Hass ist ein sehr schlechtes Gefühl. Ich will nichts hassen. Aber was mir schon zu schaffen machen kann: Wenn wir eine coole Idee vorschlagen, von der wir echt überzeugt sind, dass sie funktionieren wird – und der Kunde dann einfach nur sagt: Nee, mag ich nicht. Das tut dann schon weh.

HAST DU EINEN LIEBLINGSKÜNSTLER?

Ich kann mich wirklich für jede Form von Kunst begeistern. Etwas mehr vielleicht für abstrakte Kunst.

GIBT ES EIN BERÜHMTES KUNSTWERK, DAS DU GERNE VERBESSERN WÜRDEST?

Nein! Das hat ein anderer kreativer Mensch erschaffen, also ist es perfekt, wie es ist. Ich kann auch nicht sagen, was prinzipiell richtig oder prinzipiell falsch ist. Kreative machen nichts aus Prinzip.

Johannes ist Creative Director bei FW.

Johannes Siegmund